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rigoros

27 février 2017

Update Ecuador

  • Wahlergebnisse: Der Präsident steht noch nicht fest, obwohl es mit 39.36 % für Lenín Moreno fast soweit gewesen wäre. Er hätte jedoch 40% der Stimmen gebraucht, um Präsident zu werden und dazu noch 10 % Abstand zum nächsten Kandidaten. Der zweite, hinter Moreno, war Guillermo Lasso mit 28,09 % der Stimmen. Nun wird es am 2. April eine Stichwahl zwischen den beiden geben.
  • Karneval: Seit Wochen schon reden die Kinder davon, Karneval zu spielen. Heute und morgen ist wegen Karneval sogar schulfrei. Heute war es dann endlich soweit, die große "Schlacht" zwischen den zwei Häusern der Einrichtung konnte beginnen.... Zum Glück waren Eier, Mehl und andere Lebensmittel von den Erziehern verboten worden, sodass sich unsere "Schlacht" auf Wasserbomben und mit Wasser gefüllte Behälter beschränkt hat. Leider wurde ich nach kurzer Zeit schon von dem unteren Haus gefangen genommen und mit Wasserbomben und mit Wasser gefüllten Falschen und Eimern attakiert. Zum Glück konnte ich meinen Gegnern ein paar ihrer "Waffen" entreißen und mich wehren (denn meine Wasserbomben waren zu der Zeit schon verschossen). Das hat aber nichts an der Tatsache geändert, dass ich am Ende klatsch nass war. Es war wirklich gut, dass genau passend zum Spielstart die Sonne herauskam. Denn ansonsten hatten wir die letzten Tage und auch heute morgen hier heftiges Regenwetter. Trotz wärmender Sonne habe ich aber nichts solange ausgehalten wie die Kinder, die auch im Nassen Zustand ewig weitergespielt haben. Nach und nach kamen auch immer mehr Nachbarn auf ihre Dachterassen, um zu schauen, was da wohl los ist... Ich bin nur froh, dass die Straßenhunde nicht mitgespielt haben.
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5 février 2017

Wahlen in Ecuador

Am 19. Februar wird in Ecuador gewählt. Es besteht Wahlpflicht, wer nicht zur Wahl geht, muss eine Strafe zahlen. Gewählt werden ein/e neue/r PräsidentIn und ein/e neu/e VizepräsidentIn sowie die Abgeordneten des Nationalparlaments (es gibt nur eine Kammer). Außerdem wird zeitgleich ein Referendum darüber abgehalten, ob es für gewählte VolksvertreterInnen und BeamtInnen ein Verbot geben soll, ihr Geld in Steueroasen anzulegen.

Der amtierende Präsident Rafael Correa kann nach zehnjähriger Amtszeit (drei Amtsperioden) derzeit nicht noch einmal gewählt werden. Sein Projekt war die sog. „Bürgerrevolution“, womit er viele soziale und wirtschaftliche strukturelle Veränderungen in die Wege leitete. Vor allem die Armut und die Ungleichheit zwischen arm und reich haben während seiner Amtszeit abgenommen. Kritisiert wird Correa aber für seinen autoritären Regierungsstil.

Vor allem die neoliberale Opposition nutzt im Wahlkampf gegen die Regierung derzeit die Vorwürfe der Korruption und Steuerhinterziehung innerhalb des staatlichen Ölkonzerns Petroecuador, wobei die Regierung hier auch schon gehandelt hat.

Insgesamt gibt es acht PräsidentschaftskandidatInnen, die drei wichtigsten sind:

  1. Lenín Moreno. Er liegt in den Umfragen vorne und gehört zum Movimiento Alianza País, der Partei des amtierenden Präsidenten.
  2. Guillermo Lasso (CREO - neoliberal) liegt in den Umfragen ebenfalls vorne, jedoch hinter Moreno. Er ist Unternehmer und Bänker und hatte unter den Vorgängerregierungen bereits wichtige Posten.
  3. Cynthia Viteri (Partido Social Cristiano – Sozial christliche Partei – christlich konservativ). Sie liegt in den letzten Umfragen nach Moreno und Lasso.

Diejenigen Wähler, die noch unentschlossen sind, machen in der letzten Umfrage 39% aus, daher ist eine Stichwahl zwischen zwei Präsidentschaftskandidaten wahrscheinlich.

Quellen:

  • amerika21.de
  • larepublica.ec
  • Kulturschock Ecuador, Reise know-how
  • telesur.net
  • eleccionesenecuador.com
  • cnnespanol.cnn.com
4 février 2017

Neue Erkenntnisse aus Ecuador

  • Hier wird nur kalt gespült (und auch gewaschen), aber das Spülmittel ist so stark, das kriegt fast alles weg - sogar Fett!
  • Jogging-/Trainingsanzüge scheinen das Sonntagsoutfit zu sein
  • Ich bin groß! Zumindest größer als die meisten EcuadorianerInnen (;
  • Es gibt keine Kinderwägen - die Kinder werden auf dem Arm transportiert. Ich habe erst einmal einen Kinderwagen gesehen, aber ohne Kind.
  • Hier gibt es so ein Ampelsystem auf fast allen eingepackten Lebensmitteln: Es gibt die drei Kategorien Zucker, Fett, Salz und daneben ist dann ein grüner, gelber oder roter Balken mit der Angabe hoch, mittel, wenig. Das Ampelsystem ist aber auch nur bedingt hilfreich, wenn man in die Sachen nachträglich noch ordentlich Zucker reinkippt.
  • An den meisten Wohhäusern gibt es keine Haustürklingeln, man muss wie verrückt klopfen, schreien oder - wenn beides vergeblich war - aufgeben.
  • Von einigen Früchten kenne ich die deutschen Namen gar nicht. Ich werde davon noch eine Fotosammlung anlegen...
21 janvier 2017

Alltag in einem Kinderheim in Ecuador

5:30 Uhr: Aufstehen, die Jungs werden geweckt, der Reis vom Abendessen wird auf dem Gasherd warm gemacht, es wird Maria-Luisa-Tee (so ein Baum steht hier im Hof) mit ganz viel Zucker gekocht.

6:00 Uhr: Die Jungs stecken schon in ihren Schuluniformen und erledigen ihre Haushaltsaufgaben - Küche-, Wohnzimmer-, Bad- oder Flurputzen, Dachterasse- oder Hofkehren. Danach wird gefrühstückt und dann brechen die ersten zur Schule auf, wo sie zu Fuß hinlaufen können

7:00 Uhr: Die Erzieherin/Hausmutter und ich spülen das Geschirr und putzen das Esszimmer.

7:30 Uhr: Auch die letzten Jungs, die zu einer näher gelegenen Schule gehen, verlassen das Haus. Die Erzieherin schreibt nun Entwicklungsberichte. Da es für jedes Kind alle drei Monate einen neuen geben muss, der dann ans Ministerium geschickt wird, und noch weitere Berichte hinzukommen, ist sie immer gut beschäftigt. Ich schreibe in der Zeit an meinem Praxisbericht, lerne Spanisch oder erstelle Übungsblätter für die Kinder.

Jeden Dienstag hat außerdem das Fachteam Besprechung. Das Fachteam besteht aus dem Psychologen und der Psychologin, die jeweils einige Stunden mit einzelnen Kindern arbeiten, aus der Sozialpädagogin, die z.B. die Kinder zu Besuchen bei Geschwistern oder Eltern begleitet, und der pädagogischen und organisatorischen Leiterin der Fundación, meiner Hausmutter.

Jeden Mittwoch ist Besprechung der ErzieherInnen der drei Wohngruppen, wo über die Situation der Gruppen und einzelner Kinder gesprochen wird. Zusätzlich gibt es immer einen neuen Impuls für die tägliche Arbeit mit den Kindern wie z.B. einen Text zum Thema Resilienz. Über die Umsetzung wird dann gemeinsam gesprochen und reflektiert.

12:30 Uhr: Die ersten kommen von der Schule zurück und wir holen mit riesigen Töpfen das Mittagessen, das die Köchin für uns gekocht hat, im anderen Haus der Einrichtung ab. Es gibt immer zur Vorspeise eine Suppe und zur Hauptspeise Reis mit Beilage (z.B. Bratlinge auch Kochbananen, Salat, Linsen- oder Bohneneintopf, Hähnchen mit Nudeln - ja, als Beilage!, Kartoffeln ....). Außerdem gibt es fast immer einen leckeren frischen Fruchtsaft, aus Früchten, deren Namen ich auf deutsch zum Teil gar nicht kenne, Wasser und mit gaaaanz viel Zucker.

ab 14:00 Uhr: Die Hausaufgaben beginnen! Jeden Tag mehr oder weniger ein Kampf. Je höher die Klassenstufe desto anspruchsvoller. Mir kommt es so vor, als wären viele Aufgaben wirklich schwieriger/sinnloser als in Deutschland. Gleichzeitig ist es aber normal, dass die Eltern einen Teil der Hausaufgaben erledigen (man muss noch nicht mal die Schrift des Kindes immitieren). Jeden Tag muss außerdem mindestens einer der Jungs ein Modell bauen, wozu dann noch Styropor, Moosgummi, Karton oder sonst etwas gekauft werden muss. AZudem haben hier alle für jedes Fach mindestens ein Arbeitsbuch. Es gibt nicht, wie in Deutschland üblich, Schulbücher, die auch weitergegeben oder ausgeliehen werden können. Dann brauchen die Kinder noch für jedes Fach ein spezielles Heft usw. Das sind wirklich ganz schöne Materialkosten!

ab 16:00 Uhr: Die Hausaufgaben sind geschafft und die Kinder spielen im Hof Fußball, schauen Fernsehen, hören alle gemeinsam laut Musik und tanzen dazu und der ein oder andere muss noch etwas besorgen oder geht zu einem Freund (ist hier aber nicht so üblich wie in Deutschland, die Kinder sollen eher zu Hause bleiben).

19:00 Uhr: Das Mittagessen wird wieder warm gemacht und wir essen alle gemeinsam zu Abend.

ab 20 Uhr: Alle müssen nacheinander unter die Dusche, es wird noch ein bisschen Fernseh geschaut oder es werden Gesellschaftsspiele gespielt und danach gehen alle mehr oder weniger schnell ins Bett, oft wird es auch 22:30 Uhr - und der Jüngste (mit Pipi Langstrumpf vergleichbar, denn er macht, was er will) geht als letztes ins Bett.

 

Alle Kinder hier im Kinderheim stammen aus dysfunktionalen Familienstrukturen. Sie haben aus ihrem direkten Umfeld Vernachlässigung, körperliche oder sexuelle Misshandlung erfahren und mussten zum Teil arbeiten, um die Familie mitzuernähren. Viele kommen auch zunächst als Analphabeten ins Kinderheim.

Es ist erstaunlich, wie sehr die Kinder im Alltag dann aber doch "ganz normale" Jungs sind, die gerne fernsehen, Fußball spielen oder gegenseitig Kräfte messen. Erst wenn man sich ihre Biografien anschaut, wird einem anders, und ich kann nur leise erahnen, was sich in diesen nach außen hin fröhlichen Jungs noch alles abspielt und welche Traumata sich dort verstecken.

Ich finde es auch beeindruckend, mit wie viel Respekt die Jungen miteinander umgehen und auch auf einander Rücksicht nehmen. Natürlich nicht immer, sie streiten sich auch gerne, aber wenn es darauf ankommt, können sie sich aufeinander verlassen. Sicherlich Dinge, die sie nicht in ihrer Herkunftsfamilie gelernt haben. Ich denke, sie sind hier an einem guten, sicheren Ort.

 

9 janvier 2017

Mein erster Eindruck von Ecuador

Nun bin ich schon fast eine Woche in Ecuador und habe einen ersten Eindruck von dem Leben hier. Das Land und seine Menschen bzw. das kleine Bisschen, das ich von ihm bisher kenne, beeindrucken mich. Da sind zuerst einmal die Anden und die Vulkane, die ich schon vom Flugzeug aus bewundert habe und die auch die beeindruckende Kulisse Quitos bilden. Dann sind da die Häuser, die vor allem im Süden der Stadt, wo ich wohne, noch darauf warten, fertig gebaut oder gar gestrichen zu werden und auf deren Dachterrassen Hunde und Hühner leben; die Feldwege mitten in der Stadt (wenn auch nicht gerade in der Altstadt), auf denen sich die Straßenhunde rum treiben (und nicht nur dort!); Kiosks an jeder Ecke, wo man z.B. auch eine Zigarette inkl. Streichholz einzeln kaufen kann, aber auch alles, was man sonst so zum Leben braucht; Linienbusse mit Gardinen, einem Fahrer plus einem Ticketverkäufer (Arbeitskraft scheint günstig); Straßenverkäufer, die Mangos, Süßigkeiten, Klopapier, Eis, Fleisch und Mais vom Grill und noch vieles mehr verkaufen... Ein buntes Leben also, von dem ich gerade erst einen Bruchteil entdeckt habe.
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26 août 2014

Is there an Estonian European identity? Coming

Is there an Estonian European identity?

Coming from Germany I travelled around in Estonia for three weeks in March and April 2014 to find out if Estonians consider themselves as European citizens. The following report gives a conclusion of the answers I got from my qualitative interviews of 20 very different persons – from a civil servant to a 4-year old child, from a mentally disabled person to a university lecturer. The interviews were held in English, Estonian and Russian.

On the one hand, the accession of Estonia to the EU brought many positive developments to the country. Thus many Estonians are proud of their achievements and identify themselves with these aspects of the EU.

After its independence in 1991, Estonia decided that the accession to the EU would be a worthwhile perspective and an aim to achieve. One of my interview partners defined the Estonian EU accession therefore as “a symbol of the Estonian success story”. Most importantly, as an EU country Estonia now takes a more powerful position in international negotiations than it would do as a small, single state.

The majority of my interview partners also underscored the fact that the same basic values like democracy and freedom are shared within the EU. Democratic standards especially have become more important for Estonia with regard to its accession to the EU. Moreover, Estonian EU accession has improved the empowerment of human rights in the country, for example the rights of persons with disabilities.

In addition, it has become easier for Estonians to travel, study and work in EU countries or to receive investments. This interchange stimulates development and specialization among EU states and is seen as the best precondition for mutual understanding. This peace-making aspect of the EU plays crucial role for my interview partners.

Within its own territory Estonia also benefits from EU projects in infrastructure, youth work and culture. In particular people in the countryside benefit from these projects.

 

On the other hand, accession to the EU is also seen very critically by many of my interview partners. Estonia’s accession to the EU washed away a considerable portion of its individuality and traditions. Often the selling of rural products had to be given up. Small farms and cafes had to close because they did not meet EU standards. Small scale Estonian companies not only did not comply with EU regulations but were also too weak for competition in the larger EU market. According to my Estonian interview partners these are some of the reasons why the different points of departure as well as regional differences between EU member states have to be taken into account more seriously in their adaptation to EU standards. Moreover, the EU institutions should show more support for the individual cultures and traditions of its member states, especially those in the countryside. From the point of view of my interview partners, by ignoring local, regional and national differences the EU limits the freedom of decision by its citizens.

Another point my interview partners criticized is that Estonian independence was too short and the country made itself too quickly dependent on yet another union. Estonia would have needed more time for its individual development. Instead, it gave away some of its sovereign rights and made itself dependent on the larger EU states.

Moreover, EU-projects in Estonia are only run on the short term. This way, the money provided has to be spent immediately instead of long term investments. Some people also fear the results on the Estonian economy when the first of the EU projects phase out. They also fear that Estonian society might get too used to the EU support.

The values which prevail in the EU at the moment are, according to my interview partners, profit and competition. They would like to see them replaced by community and cultural values and the transfer of knowledge as well as environment protection and intergenerational responsibility.

Another problem affecting the Estonians is the difference in salary within the EU. This difference leads to a massive emigration of specialists and work force from Estonia into other EU states where higher wages are paid. Many children and elderly are left behind in Estonia. This has very negative influence on a healthy development of the children. For this reason my interview partners agreed that wages and social systems in the EU should be aligned.

A last major criticism was that the EU entails too much bureaucracy. Thus rapid decisions and changes are impossible even if there is an urgent need for them.

 

Can we speak of a common European identity?

In the EU we share the experience of the Cold War. Due to this economic, political and cultural division it will still take some more time until the “old” and the “new” EU member states coalesce. Today we already share basic values like freedom and democracy. In addition we have to agree on further values besides the economical aspect of the EU.

Many EU member states also share one common currency. Despite the experience of increased prices the Euro seems to have us brought closer together. Furthermore, study programs like Erasmus and other school and university projects foster not only specialisation but also mutual understanding. Mutual understanding for each other and a continued discussion on the future of the EU are the best basis for its future existence and development.

25 avril 2014

12. – 14. März 2014 - Valga - Ankunft in Valga,

12. – 14. März 2014

- Valga -

Ankunft in Valga, wo meine Reise sich dem Ende nähert. Auch hier habe ich Glück und komme bei einem Esten unter. Zunächst machen wir eine kleine Tour durch die Stadt, die, verglichen mit Tartu oder Tallinn, doch relativ heruntergekommen und ärmlich wirkt. Ohne dass ich mich versehe, sind wir in Lettland. Im lettischen Teil der Teil der Stadt kӧnnen wir von einem kleinen Hügel aus die ganze Stadt betrachten.

Bei meinem Interview am Abend erhalte ich eine neue interessante Erkenntnis: Mein Gastgeber fühlt sich den Balten, also den Letten und Litauern, verbundener als der EU. Er betont, dass er sich ab Litauen aufwärts zu Hause fühlt. Er ist der erste Este, den ich das so explizit sagen hӧre. Das hat bestimmt mit Valgas besonderer Lage zu tun.

Am nächsten Tag machen wir eine Radtour durch Valga (estnischer Teil der Stadt) und Valka (lettischer Teil). Die Stadt ist, wie viele estnische Städte, sehr grün und die Häuser haben fast alle Gemüsegärten. Viele der Häuser sind die typischen bunten Holzhäuser. Meist sind sie ziemlich baufällig und ich frage mich, wie ihre Bewohner den kalten estnischen Winter überstehen. Aber wenn man kräftig mit Holz heizt, wird das schon gehen...

Wir halten auch am Laulu Väljak (übersetzt etwa: Gesangsplatz), den es in fast jeder grӧβeren estnischen Stadt gibt. Daran wird noch einmal deutlich, wie sehr den Esten das Singen am Herzen liegt. In Valga liegt der Laulu Väljak mitten im Wald, sehr romantisch. Doch leider sieht man auch hier, dass der Stadt an allen Ecken und Enden das Geld fehlt. Denn die Zuschauerbänke und die Dielen der Bühne sind morsch und teilweise eingekracht.

Mario, mein Gastgeber, erzählt mir, dass seit der Einführung des Euro in Lettland im Januar 2014 viel mehr Letten in den estnischen Teil der Stadt kommen. Ich frage ihn, ob das umgekehrt auch der Fall ist. Er verneint, die meisten Supermärkte und groβen Geschäfte seien auf der estnischen Seite. Aber selbst dort sind es nur eine Handvoll.

In Valga gibt es, wie schon gesagt, eine Menge wirklich sehr schӧner Holzhäuser – vom schwedischen rot bis zum estnischen gelb und türkis. Bei manchen der Häuser tut es mir wirklich weh zu sehen, wie heruntergekommen sie sind. Valga hat auch einen schӧnen, schmalen, aber dafür sehr langgezogenen See, der den Mittelpunkt der Stadt darstellt und um den herum eine hübsche Promenade führt. Doch ansonsten muss ich ehrlich gestehen, finde ich Valga ähnlich trostlos wie Narva: einige kleine Fabriktürme aus Ziegelstein und neben den Holzhäusern auch Viertel mit mehr oder weniger heruntergekommenen Wohnblӧcken.

Ich hätte die Mӧglichkeit noch einen halben Tag länger in Narva zu bleiben. Doch ich habe das Gefühl, die Stadt bereits zu kennen und es zieht mich eher nach Tallinn zurück. So mache ich mich am Montagmorgen in aller Frühe auf nach Tallinn, wo ich meinen letzten Nachmittag in Estland verbirngen werde. Vier Stunden Busfahrt quer durch Estland werden mich von Valga nach Tallinn bringen. Darauf freue ich mich! So kann ich mir während der Fahrt noch einmal in aller Ruhe Land und Leute wortwӧrtlich durch den Kopf gehen - oder wohl besser: fahren - lassen.

 

25 avril 2014

10.-12. März 2014 - Värska - In Värska werde ich

10.-12. März 2014

- Värska -

In Värska werde ich von Kairi, einer lebhaften Estin, frӧhlich in Empfang genommen. Der Busbahnhof (mini!) liegt nur ein paar Schritte von ihrer Wohnung entfernt. Wir trinken bei Kairi zu Hause zunächst einen Kaffee und tauschen uns aus. Kairi hat schon für einige Zeit in Island gelebt!

Anschlieβend fahren wir mit dem Auto zu einem Seto-Restaurant. Die Setos sind ein kleines Volk, das am Peipussee lebt. Sie haben ihre eigene Sprache, die zwar mit dem Estnischen verwandt ist, jedoch auch von den meisten Esten nicht verstanden wird. Die Setos pflegen ihre eigenen Traditionen, wozu besonders das Kunsthandwerk und der Gesag gehӧren. Kairi hat z.B. erzählt, dass es sein kann, dass die Setos mitten in der Arbeit anfangen zu singen und dann stimmen alle anderen ein oder dass sie beim Streiten ihre Wut durch Singen ausdrücken. Letzteres finde ich eine prima Idee! Ein Teil der Setos lebt übrigens auf der estnischen Seite ein anderer auf der russischen. Unser Essen im Seto-Restaurant ist traditionell. Ich esse Kartoffelpüree mit Getreidekӧrnern darin. Dazu isst man eine kalte Milchsuppe mit frischen Weiβkohlraspeln. Im Seto-Restaurant habe ich auch die Gelegenheit, meine ersten Interviews in Värska zu führen. Die Angestellten sind leider keine Setos und die Seto-Frau, die sonst immer da ist, ist leider nicht vor Ort. Trotzdem entwickelt sich ein sehr interessantes Gespräch über die EU. Und zum Glück habe ich Kairi dabei, die mir mit meinem Estnisch aushilft.

Am Nachmittag holen wir dann Kairis kleine Tochter vom Kindergarten ab. Danach treffen wir uns mit einer Freundin von Kairi und nehmen im Värskaer Wald an einem Orientierungslauf teil. Es geht darum, auf einer Karte markierte Punkte im Wald zu finden. Dafür bekommen wir eine kleine Chipkarte mit Gummiarmband, die wir an jeder gefundenen Station im Wald (= die auf der Karte markierten Punkte) über einen Scanner ziehen. Am Ende, also am Ziel, geben wir unsere Namen an und bekommen anschlieβend eine Art Kassenbon ausgedruckt, auf dem neben unserer Gesamtzeit auch steht, wann wir welchen Punkt im Wald erreicht haben. Solche Orientierungsläufe gibt es wohl in ganz Estland und es gibt dafür ein einheitliches System, sodass man seine Ergebnisse überall verlgeichen kann. Im Gegensatz zu unseren Mitstreitern, die alle in Joggingkulft angereist waren und am Ende nass geschwitzt aus dem Wald gehetzt kamen, war das Ganze für  uns einfach ein lustiger Spaziergang quer durchs Unterholz.

Am nächsten Tag, Freitag, ging es dann zunächst zu einem Treffen der lokalen Gruppe der estnischen Nicht-Regierungsorganisation „maale eelama“. Sie setzt sich dafür ein, dass wieder mehr Esten auf’s Landziehen bzw. dass sich die Bedingungen der Esten auf dem Land verbesseren. Es war wirkliche ein schӧne Erfahrung, zu sehen, wie aktiv diese Handvoll junger Esten in Värska ist. Wir haben z.B. Verbesserungsvorschläge gesammelt, die die lokale Regierung angehen kann. Da ein Mitglied der Gruppe für die Regionalregierung arbeitet, kann sie die Punkte gleich an die richtigen Stellen weiterleiten. Danach haben wir noch eine Messe, die in Tartu stattfinden wird, vorbereitet. Dort werden sich die verschiedenen Landkreise mit ihren Wohn-  und Lebensbedingunen vorstellen.

Nach dem Treffen ist Kairi noch kurz mit mir zum Seto-Museum gefahren. Das ist eine Art Freilichtmuseum, wo man einen traditionellen Seto-Hof besichtigen kann. Die einzelnen Gebäude des Hofes (z.B. Stall, Werkstätten, Sauna etc.) sind alle aus Holz gebaut. Der Hof selbst ist nach auβen hin ganz geschlossen. Ich hatte diesmal auch mehr Glück, denn die Museumsdame ist eine echte Seto und ich darf sie interviewen.

Am Freitagnachmittag sind wir dann gemeinsam mit Kairis Tochte ein wenig durch Setomaa gefahren. Die beiden haben mir auch ein Gebiet gezeigt, in dem es ganz, ganz feinen Sand gibt und das von knalligem orange bis zu schneeweiβ. Aus diesem Sand wurde in der ganzen Sowjetunion Glas hergestellt. Bei strahlendem Sonnenschein sind wir ein wenig durch die hügelige „Schneelandschaft“ gestapft und ich kam mir ein bisschen vor wie im Skiurlaub.

Am Abend kam dann noch einmal die Freundin vom Vortag vorbei. Nach dem gemeinsamen Abendessen haben wir fleiβig Buchstabenschablonen ausgeschnitten, mit denen groβe Plakate für die Messe von „maale elema“ in Tartu bedruckt werden sollen.

Am nächsten Morgen stand meine Abreise an. Kairi hatte die gute Idee, mich bis nach Võru, eine kleine Stadt in Südestland, zu fahren. So konnten ich von dort aus den Bus nach Valga nehmen und musste nicht erst noch einmal nach Tartu zurück. So konnten wir auch noch einen kleinen Spaziergang durch die Stadt mit See machen. Auf unserer Fahrt nach Võru hatten wir auch noch einen Tramper ein Stück weit mit genommen. Es war ein älterer, russisch sprechender, etwas streng riechender Herr. Kairi, die ganz begeistert von meinen Interviews ist, interviewte ihn für mich auf russisch. Es stellte sich heraus, dass er ein Seto aus Russland und gerade auf dem Rükweg dorthin war. Für ihn selbst ist die Grenzüberschreitung relativ problemlos mӧglich, weil er als Seto beide Staatsangehӧrigkeiten besitzt. Aber das ist wohl nicht für alle seine Freunde und Bekannte so.

 

17 avril 2014

7. - 10. April 2014 - Tartu - Die Zeit in Tartu

7. - 10. April 2014

- Tartu -

 

Die Zeit in Tartu verging wie im Flug! Zunaechst kam mich eine sehr liebe Familie am Montagabend eine sehr liebe Familie am Bus abholen. Dann haben wir gemeinsam in ihrer kleinen Wohnung zu Abend gegessen. Anschliessend habe ich mit den zwei kleinen Soehnen noche einen alten russichen Kinderfilm geschaut (auf estnisch). Nachdem die beiden Soehne, die mir zuvor ausgiebig ihre Spielzeugmannschaft vorgestellt hatten, ins Bett gebracht worden waren, gab es noch ein wenig Zeit, um mit den Eltern Gesellschaftsspiele zu spielen. Dann wurde die Couch im Wohn-/Ess-/Hauptzimmer in ein Bett fuer mich umfunktioniert.

Am naechsten Morgen ging es nach dem gemeinsamen Fruehstueck - es gab Omlett! - zunaechst mit dem Juengsten zum Kindergarten und dann mit dem Aelteren in zur Schule. Mit der Mutter bin ich dann weiter zur Uni gefahren, wo sie als Dozentin arbeitet. Bevor wir uns zum Mittagessen wieder sehen werden, mache ich auf eigene Faust einen Stadtbummel und erkunde die Stadt. Nach dem Mittagessen bleibt noch Zeit fuer ein Interview. Krista, also die Mutter bzw. Dozentin, stellt mich auch noch einer wichtigen estinschen Professorin vor, fuer die sie arbeitet. Diese Professorin hat wohl schon viel zur europaeischen Identitaet veroeffentlicht. Da muss ich mich wohl mal in ihre Veroeffentlichungen einlesen...

Am Nachmittag besuche ich Suppilinn, ein Altstadtteil Tartus mit vielen alten, bunten Holzhaeusern. Auch der botanitsche Garten liegt in dieser Gegend und ich statte ihm spontan einen Besuch ab. Es gibt hier ein riesiges Gewaechshaus, das ueber zwei Etagen geht und viele exotische Pflanzen beherbergt.

Am Abend heisst es dann Schlafplatzwechsel. Diesmal uebernachte ich bei einer aelteren Dame mit zwei Katzen. Die Dame ist ebenfalls Dozentin an der Tartuer Universitaet. Am naechsten Morgen gibt es bei ihr die fuer Estland typische Gruetze (puder), eine Art porridge bzw. Hafterbrei, zum Fruehstueck. Ausserdem bleibt noch Zeit fuer ein weiteres Interview und neue EU-Erkenntnisse.

Zum Mittagessen bin ich dann in der Stadt mit einer "alten Bekannten" verabredet, einer Estin, die ich vor vier Jahren schon einmal hier in Tartu besucht hatte. Sie arbeitet fuer das estnische Bildungs- und Forschungsministerium und gibt ebenfalls Vorlesungen an der Uni. Sie erweitert meine bisherigen Recherchen um eine weitere Perspektive: Bildung im EU-Kontext.

Nachmittags mache ich mich dann auf zum sogenannten KGB-Keller (kelder auf estnisch), einer ehemaligen swojektischen Haftanstalt. Hier geht es vor allem um die Deportation von 20.000 Esten nach Sibierien vom 24.-29. Maerz 1949. Besonderes Gutshofbesitzer wurden enteignet und nach Sibirien geschickt, damit sie der Kollektivierung der Landwirtschaft nicht im Weg standen. Aber auch Widerstaendler wurden nach Sibirien geschickt. Zu diesem Kapitel der estnischen Geschichte werde ich bei Gelegenheit noch ausgiebiger schreiben.

Am Abend jedenfalls, uebernachte ich wieder bei einer anderen Familie, die auch in einem wunderschoenen Altstadtteil Tartus wohnt, "Karlova". Auch hier gibt es fast ausschliesslich bunte Holzhaeuser mit Gaerten. "Meine" Familie hat ihr Holzhaus mit oekologischem Baumatierial frisch renoviert und liebevoll eingerichtet. Die Familie ist sehr musikalisch und auch bei ihnen bekomme ich noch mal einen guten Einblick in die estniche Kueche und die estnische Lebensweise: unproblematisch, einfach und freundlich.

 

9 avril 2014

6. - 7. April 2014 - Narva oder: ein Ausflug nach

6. - 7. April 2014

- Narva oder: ein Ausflug nach Russland? -

Ankuft in Narva um 18 Uhr 20: Das Mädel, bei dem ich übernachten kann, hat mich noch nicht angerufen, um einen konkreten Treffpunkt auszumachen, obwohl sie das längst getan haben wollte. Glücklicherweise hatte ich mir in weiser Vorrausicht einige Hosteladressen notiert. Mit dem 20 kg schweren Rucksack, Schlafsack in der einen und Tragetasche in der anderen Hand stiefel ich also los zur ersten Hosteladresse. Unterwegs frage ich - weniger aus Unwissenheit als vielmehr zur Kontaktaufnahme - nach dem Weg. Ich stelle fest, dass man in Narva weder mit Estnisch noch mit Englisch sehr weit kommt. Leider spreche ich kein Russisch. Na ja, mit Händen un Füssen geht es aber auch. Das erste Hostel entpuppt sich jedenfalls als eine Ruine, die angeblich gerade renoviert wird. Das hilft mir also nicht weiter. Das sich das nächste Hostel auf meiner Liste genau am anderen Ende der Stadt befindet, rufe ich lieber vorher an, um festzustellen, ob es noch existiert und sich der Weg dahin lohnt. Auch wenn ich am Telefon weder mit Estnisch noch mit Englisch weiterkommme, am Ende doch die Erkenntnis: das Hostel existiert noch! Also wandere ich dorthin. Es wird langsam dunkel und meinem Empfinden nach liegt das Hostel am Ende der Welt (oder zumindest der EU). Glücklicherweise begegne ich nicht all zu vielen betrunkenen Halunken, von denen ich seit meiner Ankunft schon genügend gesehen habe. Irgenwann erreiche ich das Hostel. Alles ist ziemlich heruntergekommen und der angetrunkene Typ an der Rezeption erklärt mir barsch, dass sie hier nur russisch sprechen. Ich antworte trotzdem weiter fleissig auf estnisch. Was bleibt mir anderes übrig? Der Atmosphäre entsprechend fühle ich mich in dem kitschig rosa-roten Hotelzimmer nicht sonderlich sicher. Ich stelle vorsichtshalber einen Stuhl vor die Zimmertür und lasse die ganze Nacht über den Fernseher leise im Hintergrund laufen, damit er mir Gesellschaft leistet und die anderen Geräusche des Hostels übertönt, die ich lieber nicht hören möchte. Nach einigem Suchen finde neben den zahlreichen russischen Sendern auch ein paar estnische und gucke mir irgendeine dumme Talkshow an.

Um 21 Uhr erreicht mich dann doch noch das Mädel, bei dem ich übernachten sollte. Wie sich später herausstellen wird, hatte sie meine Handynummer falsch notiert. Wir verabreden uns für den nächsten Morgen, denn bei Dunkelheit und mit dem schweren Gepäck möchte ich meinen Schlafplatz lieber nicht mehr wechseln. Am nächsten Morgen machen wir dann gemeinsam einen Stadtrundgang. Wir stellen uns ans Flussufer und schauen rüber nach Russland. Schön ist Narva nicht, auch wenn es Estlands drittgrösste Stadt ist. Ich selbst war noch nie in Russland. Doch so wie in Narva stelle ich es mir dort vor. Mit der EU-Aussengrenze vor der Tür und einer 95-prozentig russischsprachigen Bevölkerung in Narva liege ich mir meiner Vorstellung wohl auch nicht so weit weg von der Realität.

Am Nachmittag, vor meiner Weiterreise nach Tartu, treffe ich mich noch mit einer russischen Muttersprachlerin. Unser Gespräch über die EU finde ich sehr spannend! Sie erzählt mir, dass sie einige Anläufe genommen hat, estnisch zu lernen, aber dass sie es erstens aus eigener Tasche bezahlen musste und zweites in Narva gar kein Estnisch praktizieren kann. Also spricht sie bisher kein Estnisch. Sie würde sich jedoch wünschen, dass ihre kleine Tochte es in der Schule mit mehr Freude lernen würde. Denn wenn sie in Estland studiere möchte, dann wird das nur auf estnisch gehen. Gleichzeitig möchte sie aber auch nicht, dass ihre Tochter die russischen Wurzeln verliert und ganz zur Estin wird. Doch sie als Mutter hat das Gefühl, dass der estnische Staat genau das will.

Im Angsicht der Krim-Krise frage ich sie, was sie davon halten würde, wenn Narva plötzlich in russische Hand fiele. Sie antwortet mir, dass sie sich dafür zwar nicht aktiv einsetzen würde, aber auch nicht dagegen wäre. Schliesslich sei Narva bereits seit sehr langer Zeit auch die Heimat vieler Russen.

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